Axon Vibe MTA AppAxon Vibe MTA App

Die Metropolitan Transportation Authority (MTA) in New York, einer der größten Nahverkehrsanbieter weltweit, hat in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen Axon Vibe ihre neue App eingeführt. Diese App nutzt fortschrittliche künstliche Intelligenz, um das Reiseerlebnis für ihre jährlich rund 2,4 Milliarden Fahrgäste zu verbessern. Die innovative Technologie ermöglicht eine personalisierte und effiziente Reiseplanung, indem sie gewohnheitsmäßige Verhaltensmuster der Nutzer analysiert und präzise Vorhersagen trifft. Neben einer verbesserten Benutzererfahrung unterstützt die App auch eine nachhaltigere Mobilität durch die Förderung des öffentlichen Verkehrs und die Reduktion von Emissionen und Verkehrsstaus.

Roman Oberli, der Chef von Axon Vibe, legt großen Wert auf Datenschutz und ethische Grundsätze in der Entwicklung der KI-gestützten Lösungen. Das Unternehmen verfolgt das Ziel, durch intelligente Datenverknüpfung und Kapazitätsoptimierung nicht nur den Alltag der Pendler zu erleichtern, sondern auch einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Diese Technologie hat das Potenzial, die städtische Mobilität weltweit neu zu definieren und setzt damit neue Maßstäbe in der Nutzung künstlicher Intelligenz im öffentlichen Nahverkehr.

Interview mit Roman Oberli, Axon Vibe

KINEWS24: Roman, du bist CEO von Axon Vibe und warst maßgeblich an der Entwicklung der neuen MTA-App beteiligt. Wie hat dein persönlicher Werdegang dich zu diesem Punkt geführt und was motiviert dich an deiner Arbeit?

Roman Oberli: Als Vermessungsingenieur war ich schon früh von räumlichen Zusammenhängen fasziniert. Insbesondere die räumlichen Ströme von Personen wurden bald einmal zum Hauptfokus meiner Tätigkeiten.

So nutzten wir beispielsweise Computersimulationen, um aus Volkszählungsdaten Personenströme auf Schiene und Straßen inklusive des Geschlechts, Alters usw. berechnen zu können. Über diese Daten ließen sich dann Prognosen zum Verkauf von unterschiedlichen Produkten an spezifischen Verkaufsstellen ableiten oder die an Plakatstellen vorbeigehenden Zielgruppen präzise bestimmen. Oft wurden dabei Simulationen zur Reduktion der Verkaufsstellen mit minimalem Einfluss auf den Umsatz durchgeführt.

Mit der Zeit begannen wir, die Personenströme über die Positionsdaten von Smartphones zu messen. Anstelle der Plakatwände verwenden wir heute die Bildschirme der Smartphones. Dies bedeutet, dass wir die Ströme der Reisenden nun in Echtzeit messen und über psychologisch fundierte Kommunikationskampagnen beeinflussen können. So gelingt es uns, Staus zu vermindern, Stoßzeiten im öffentlichen Verkehr zu verringern und Autofahrten in den ÖPNV zu verlagern.

KINEWS24: Die neue MTA-App wurde in enger Zusammenarbeit mit eurem Luzerner Unternehmen Axon Vibe entwickelt. Kannst du uns mehr über diese Kooperation erzählen? Wie kam es dazu und was waren die Hauptgründe für MTA, mit Axon Vibe zusammenzuarbeiten?

Roman: Axon Vibe hat 2019 an einem Wettbewerb zur Kundenstromsteuerung der ÖV-Reisenden von New York teilgenommen und diesen gewonnen. Mit Umwegen über eine spezielle App während der Corona-Pandemie konnten wir dann MTA überzeugen, gemeinsam eine neue App zu entwickeln. Ziel dabei ist eine aktive Lenkung der Personenströme, um damit die vorhandene ÖV-Infrastruktur optimal ausnutzen und, wo nötig, gezielt erweitern zu können.

KINEWS24: Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in der neuen MTA-App und wie trägt sie dazu bei, das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in New York einfacher, zuverlässiger und komfortabler zu machen?

Roman Wir setzen künstliche Intelligenz in zwei Bereichen ein: Zum einen nutzen wir diese, um das Reiseverhalten der einzelnen Personen über Smartphone-Sensoren so analysieren zu können, dass wir präzise wissen, bei welcher Haltestelle eine Person in die U-Bahn ein- und ausgestiegen ist und mit welchen Linien gefahren wurde. Andererseits beobachten wir mit künstlicher Intelligenz auch, wie die jeweiligen Personen auf unsere Kampagnen reagieren, sodass wir diese gezielt auf deren Bedürfnisse ausrichten können.

KINEWS24: Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung der App und wie habt ihr diese gemeistert? Welche Learnings aus anderen Projekten, wie z.B. für die Deutsche Bahn oder die Londoner Verkehrsbetriebe, konntet ihr in die Entwicklung der MTA-App einfließen lassen?

Roman: Die größte Herausforderung war und ist die Tatsache, dass ÖV-Unternehmen oft äußerst politisch agieren. So werden Risiken, welche in der Öffentlichkeit möglicherweise negativ aufgenommen werden, üblicherweise nicht eingegangen. Künstliche Intelligenz ist dabei ein sehr heikles Thema. Wie man dennoch die Entscheidungsträger von den Vorteilen dieser Technologien überzeugt, ist sicherlich ein Punkt, welcher uns dank der Erfahrungen und Ergebnissen in unterschiedlichen Regionen von anderen Unternehmen unterscheidet.

KINEWS24: Die App soll nicht nur das Reisen erleichtern, sondern auch nachhaltiges Reisen fördern und somit zur Reduktion von Emissionen beitragen. Wie genau wird dies durch die App erreicht und welche Maßnahmen sind geplant, um dieses Ziel weiter voranzutreiben?

Roman: Wir motivieren die Einwohner von New York, öfter den öffentlichen Verkehr für ihre Reisen zu nutzen. Dabei zeigen wir in der App beispielsweise auf, dass eine Taxi-U-Bahn-Reise oft effizienter und zuverlässiger ist als eine Fahrt in den Stau mit dem Privatfahrzeug. Zusätzlich reduzieren wir den Preis für die Taxifahrt an die nächste U-Bahn-Station auf denjenigen eines ÖV-Tickets.

KINEWS24: Die Entwicklung der App wurde von einer gemeinnützigen Organisation mitfinanziert, die sich für die Reduktion von Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen einsetzt. Kannst du uns mehr über diese Organisation und ihre Rolle in dem Projekt erzählen?

Roman:Die gemeinnützige Organisation unterstützt Projekte, welche CO2-Emissionen senken. In unserem Fall wurde zum einen die App-Entwicklung finanziell unterstützt. Andererseits bezahlt die Organisation den Differenzbetrag der vorgängig erwähnten Taxi-Fahrt.

KINEWS24: Die App ist ein wichtiger Schritt in Richtung barrierefreies Reisen. Wie wird dies in der App umgesetzt und welche Bedeutung hat das Thema Barrierefreiheit für Axon Vibe und die MTA?

Roman: Wir haben einen Routenplaner integriert, welcher den Zustand von Rolltreppen und Liften im U-Bahn-System mitberücksichtigt. Ausfälle dieser werden wie Störungen im ÖV-Netz behandelt.

KINEWS24: Die MTA erwartet bis 2026 rund 2,4 Milliarden aktive Nutzer pro Jahr. Hat die Zahl der Fahrgäste einen Impact auf das Projekt? Wie plant ihr, mit diesem rasanten Wachstum umzugehen und die App kontinuierlich weiterzuentwickeln? Welche Pläne und Visionen habt ihr für die Zukunft der MTA-App?

Roman: Die Systeme wurden von Beginn an auf diese Last ausgelegt. Bis zu welchem Grad die Kundenstromsteuerung bei einem solchen Passagieraufkommen funktioniert, wird sich zeigen. Wir sind hier aber sehr zuversichtlich, dass wir auch dann eine optimierte Nutzung der Mobilitäts-Infrastruktur hinbekommen.

KINEWS24: Siehst du Potenzial, die Technologie und Erfahrungen aus dem MTA-Projekt auch auf andere Städte oder Länder (z.B. Europa/BRD/CH) zu übertragen? Wo siehst du global die größten Herausforderungen und Chancen für intelligente Mobilitätsplattformen?

Roman: Ja, an einer Übertragung auf weitere Metropolen arbeiten wir derzeit intensiv, weil wir fest davon überzeugt sind, dass durch intelligente Mobilitätsplattformen markante CO2-, aber auch Lärm-Senkungen möglich sind, ohne teure Infrastrukturprojekte umsetzen zu müssen.

KINEWS24: Welche persönlichen Learnings und Erkenntnisse hast du aus dem MTA-Projekt mitgenommen? Gab es Momente, die dich besonders geprägt oder herausgefordert haben?

Roman: Der politische Eiertanz benötigt oft Zeit, Geduld und eine dicke Haut. Dies ist als Start-up, welches mit beschränkten Geldmitteln ausgestattet ist, nicht immer ganz einfach.

KINEWS24: Gab es in deiner Karriere Personen, die dich besonders inspiriert oder mentoriiert haben? Welche Ratschläge würdest du selbst jungen Gründern oder Entrepreneurs mit auf den Weg geben?

Roman: Mich faszinieren Personen, welche mit einer unglaublichen Energie und einer hohen Leidenschaft neue Wege suchen.

KINEWS24: Als CEO eines wachsenden Unternehmens ist sicherlich auch Stressmanagement ein wichtiges Thema. Wie schaffst du persönlich eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit und welche Strategien hast du, um auch in hektischen Phasen einen kühlen Kopf zu bewahren?

Roman: Immer viel und gut schlafen. Ist dies über längere Zeit nicht mehr möglich, wird’s gefährlich.

KINEWS24: Axon Vibe hat seinen Sitz in Luzern. Was schätzt du besonders an der Schweizer Start-up-Szene und welche Vorteile siehst du im Standort Luzern?

Roman: Die Schweiz hat ein Image für Präzision und Qualität, was bei der Umsetzung von unseren Projekten sicherlich hilft. In Luzern sind die Entscheidungswege kurz, was für eine innovative Firma oft auch von Vorteil ist.

KINEWS24: Künstliche Intelligenz verändert unser Leben in unfassbaren Dimensionen und mit sehr großer Geschwindigkeit – wo siehst Du diese Entwicklung in 5-10 Jahren?

Roman: Künstliche Intelligenz wird ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens werden. Die Herausforderung liegt darin, deren Resultate nach wie vor kritisch zu beurteilen zu können. Hier sind wir vielfach zu bequem und verwenden einfach die erzeugten Resultate.

KINEWS24: Wenn du nicht gerade an der Entwicklung innovativer Mobilitätslösungen arbeitest – wie verbringst du deine Freizeit am liebsten und was sind deine persönlichen Interessen abseits der Arbeit?

Roman: Meine Familie ist sicherlich der wichtigste Ausgleich. Zudem engagiere ich mich noch im Juniorenbereich eines örtlichen Sportvereins, da mir eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung der heutigen Jugend enorm wichtig erscheint.

KINEWS24: Blicken wir zum Abschluss noch einmal in die Zukunft: Wo siehst du Axon Vibe in 5 Jahren und welche persönlichen Ziele hast du dir für diese Zeit gesetzt?

Roman: Schön wäre es, wenn wir mit unserer intelligenten Mobilitätslösung einen namhaften Beitrag zur Verkehrsverlagerung leisten könnten, ohne dabei die Nutzerbedürfnisse markant einschränken zu müssen.

KINEWS24: Lieber Roman, vielen Dank für die spannenden Einsichten und weiterhin viel Erfolg!

Website: AxonVibe